30.04.19
SJPDP-Roncesvallces 26km auf 1400hm
Vom Schafen konnte heute Nacht nicht die Rede sein. Der Kollege in der Kabine neben an hat ganze Wälder zersägt, hast du nicht gehört und dann ab 4 Uhr sind dann schon die Ersten aufgestanden um loszuziehen. Wie auf dem Bahnhof, egal. Ich vermute mal, dass das jetzt immer so sein wird, außer ich nehme mir ein Hotelzimmer. Das ist zwar ein paar mal eingeplant aber jetzt noch nicht.
6:00 Uhr, aufstehen und frühstücken. Um 8 Uhr schmeißen die dich hier aus der Herberge. Ausschlafen ist hier nicht, tolle Ferien. Samantha und ich frühstücken gemeinsam. Es gibt für 3,50€ ein Croissant, ein Stück von einem Baguette, zwei Mal Marmelade und ein Stück Butter. Eine Kaffeemaschine steht auch zur Verfügung. Ich trinke gleich zwei Cappuccino um erst einmal wach zu werden. Es sind an die 20-25 Pilger beim Frühstück, aus der ganzen Welt. Und alle haben nur das eine Ziel, den Camino zu gehen. Nach dem Frühstück noch mal in die Kabine und wieder alles in die Tasche stopfen. Ich hasse das wirklich. Alles im die Tasche rein, alles wieder aus weil man was vergessen hat. Ich muss mir echt eine Technik einfallen lassen um das zu umgehen, sonst flippe ich noch aus.
Um 7:30 Uhr gehts dann los. Ja ich gehe den Jakobsweg, endlich. Der Spaß hält nur nicht ganz so lange. Von meinem Trinkschlauch, passt der fucking Aufsatz nicht auf die Flasche. Zuhause x Mal getestet aber nie mit einer 1,5l Vitel Flasche. Läuft mal wieder, aber davon lasse ich mich nicht stressen, Wusa.
Dann muss mir Samantha halt immer die Flasche aus den Rucksack reichen. Kaum sind wir dann wirklich auf dem Weg, reißt die eine Halterung von ihrem Rucksack und so kann sie ihn nicht tragen. Gut, dass ich Klettbänder dabei habe. So jetzt aber endlich auf den Weg und der hat es dann gleich auch in sich. Aus SJPDP raus in Richtung Orisson ist die Steigung so krass, dass der Ein oder Andere schon schlapp macht. Echt übel die Strecke und ich frage mich, warum tun wir uns das an? Jeder hier wird seinen Grund dafür haben. Ich glaube kaum, dass jemand just for fun gefallen daran findet sich auf diese übele Art zu quälen.
Sam ist echt schnell unterwegs, es macht keinen Sinn, dass sie ihre Geschwindigkeit drosselt. Sie soll ihren Weg gehen ohne auf mich zu warten. Ich möchte sie nicht bremsen und wir sehen uns ja wieder.
Nachdem sie weg ist ziehe ich mir die Kopfhörer auf und höre Musik. Die treibt mich an und der Berg ist gar nicht mehr so steil. Es geht immer weiter hoch und wenn du denkst, oh cool eine Gerade, kommt nur Sekunden später ein noch heftigere Aufstieg als zuvor. Ich mag es denen Leuten an den ich vorbeiziehe einen buen Camino zu wünsche aber irgendwie scheint der Brauch nicht mehr bei allen Pilgern bekannt zu sein.
Nach ca. 8 km erreiche ich Orisson. Mache Pilger gehen nur bis hier und übermachen dann in der Herberge mit einem mega Ausblick. Ich fülle hier nur meine Flasche auf und wasche mir mein Gesicht. Mittlerweile ist es auch sehr warm und die Sonne brennt. Bloß keinen Sonnenbrand bekommen, das würde mir noch fehlen. Hier oben treffe ich auch Sam wieder. Sie hat gehört, dass noch mehr Leute aus den USA hier seinen aber das sie unterwegs keine gesprochen habe. Just in dem Moment kommt eine Amerikanerin zu uns und möchte auch ihre Flasche auffüllen. Sam und sie unterhalten sich kurz. Währenddessen gehe ich in das Restaurant der Herberge und kaufe mir zwei 0,75l Wasser. Eine kann ich in der Hand halten und die andere kommt in den Rucksack. Und los, weiter in der glühenden Sonne. Gut das ich mir eine Wollmütze und einen Schal mitgenommen habe, extra für auf die Pyrenäen. Ich habe ja sonst nix unnützes zu tragen, da kommt es nicht noch auf die zwei Sachen an. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass kaum deutsche unterwegs sind. Ich muss fast jedes Gespräch auf englisch führen. Zur Not habe ich ja noch Hände und Füße. Apropos Füße.... die sind echt gut in shape. Keine Schmerzen, keine Blasen, zumindest bis jetzt und man soll ja nicht den Tag vor dem Abend loben.
Plötzlich ruft jemand meinen Namen, es ist Sam die gerade unter einem Gebüsch auftaucht. Sie musste mal pullern und drei Damen haben in der Zeit auf ihren Rucksack acht gegeben. Eine von ihnen ist Sabine, wir hatten uns in einem Jakobsweg Forum unterhalten und sie hat mich dann durch meine Bilder auf Instagram erkannt. Sabine ist 52 und kommt aus der Schweiz. Sie geht den Camino aus persönlichen Gründen. Es ist echt schön sie hier zu treffen. Als sie jedoch eine Pause einlegen möchte verabschiede ich mich von ihr und ziehe weiter. Immer wieder treffe ich auf die Amerikanerin aus Texas ( habe ihren Namen vergessen) mit der ich mich kurz in Orisson unterhalten habe. Bei ihr Martin aus Belgien. Die zwei habe sich auch gestern in der Herberge kennengelernt und laufen jetzt gemeinsam. Die Unterhaltung mit den beiden, of course in english. Wir gehen ein Stück gemeinsam des Weges. Nach einer Weile treffen wir ein weitere Truppe bestehend aus einer Engländerin ( Name vergessen), einer Amerikanerin Sky und einer Australierin Kirstin. Die Mädels sitzen da und sehen doch relativ erschöpft aus. Ich wünsche allen buen Camino und ziehe weiter immer schön in Richtung Gipfel. Und dann.... tatsächlich..... ist da Schnee. Ich werde mich rein und mach nen schönen Schneeengel. Zack Zack noch ein paar Bilder von mir im Schnee und weiter dem heutigen Tagesziel entgegen. Nochmal alles geben die letzte Steigung. Fuck zieht das in den Waden. Ein schier unbezwingbarer Berg der Dir alles abfordert. Ich hab das Gefühl, Waden zu haben wie Piere Littbarski. Alter Schwede!
Es ist geschafft, ich bin oben angekommen, juhu. Aber dann kommt ja auch nochmal der Abstieg bis nach Roncesvalles. Der soll mich schlimmer sein, als der Anstieg. Fuck das ist er auch. Wenn du hier den Anschlag drehst, ist alles rum. Be careful Vedat. Scheiße ich denke schon auf englisch. Ok, also vorsichtig sein und langsam den Berg runter. Überall muss man über Geröll und große Wacken steigen. Ein Fehltritt und der Camino könnte beendet sein.
Hinter mir läuft einer der immer wieder wegrutscht. Ich frage ihn immer wieder ob alles gut ist und er bejaht dies. Es stellt sich raus, dass der Kollege aus Hanover ist und ich kann mich ehrlich mal wieder in meiner Muttersprache unterhalten. Der junge Mann wird dieses Jahr 50. und wollte den Camino davor noch laufen. Er erzählt mir von seiner Anreise und das er dank der deutschen Bahn fast seinen Flug verpasst hat. Also meine Züge waren alle pünktlich, da kann ich nicht meckern.
Als wir den Geröllhaufen hinter uns gelassen haben, werden wir von einem Pärchen überholt. Woher kamen sie? Genau aus den USA. Nach einem kurzen Gespräch darüber wie lange wir den Jakobsweg gehen und wie wir am besten die Schmerzen betäuben müssen, kommen wir dann auch in Roncesvalles an. Es gibt hier nur eine Herberge mit ca. 200 Betten, wer zuerst kommt schläft zuerst. Der Hannoveraner und ich gehen an die Anmeldung und stellen uns in der Schlange an. Kurze Zeit später kommen auch Sam, Sky, Kirstin, Martin, die Texanerin und die Engländerin an. So stehen wir alle gemeinsam in der Schlange und hoffen ein Bett zu ergattern.
Es dauert zwar eine Weile aber wir bekommen die Betten. Es sind jeweils 4 Betten (2 Hochbetten)in einer Kabine und ich liege mit Sky, Kirstin und der Engländerin gemeinsam in einer Kabine.
Da hat doch bestimmt jetzt schon wieder einer von euch Kopfkino.
Ich lieg mal wieder oben im Bett. Schnell alles zurechtlegen und dann unter die Dusche. Die haben sie dann doch zwischen Männlein und Weiblein getrennt. Nach dem Duschen gehen wir alle gemeinsam runter in eine Bar und stoßen auf den bezwungenen Berg an. Von 16 Uhr bis 19 Uhr sitzen wir draußen in der Sonne und lassen und den Pelz brutzeln.
Die Stimmung ist gut und ausgelassen. Ab 19 Uhr gibt es dann das Abendessen. Wir haben alle das Pilger Menü bestellt. Für 10€ gibt es eine Suppe, ein wenig Nudeln,
wahlweise Fisch oder Hühnchen mit Pommes, dazu eine Flasche Wein und eine Karaffe Wasser. Nicht übel für einen 10er und geschmeckt hat es auch noch.
Nach dem Essen gehen die meisten dann schlafen . Ich hingegen leg mich in mein Bett und sende Lebenszeichen von mir.
Ich habe heute so viel erlebt, Wahnsinn.
Während ich hier liege und das schreibe, zersägen hier wieder die Jungs den Amazonas. Seid froh, dass ihr das nicht hören könnt. Ach und was fast noch schlimmer war als das Schnarchen, in dem Bereich, welche die Schlafräume sind, sind keine Wanderschuhe gestattet. Diese muss man in einem extra Raum abstellen. Stellt euch jetzt bitte mal den Geruch in diesem Raum vor..... 200 Pilger 400 Schuhe, jetzt dürft ihr mal Kopfkino haben. Es ist mal wieder nach Mitternacht, in diesem Sinne....buenas noches amigos
Verbringe jeden Tag einige Zeit mit dir selbst.
Dalai Lama