13.05.19
Calzadilla de la Cueza- Sahagun 22km
Die Nacht war so lala. Der Ein oder Andere
wird bestimmt geschnarcht oder gefurzt haben, ich war wohl so kaputt, dass ich nichts mitbekommen habe. Irgend so ein Vollpfosten, der auf die Toilette will, macht aus Versehen das große Licht im Schlafsaal an und schon ist der Ameisenbau wach. Ich habe das Gefühl, dass es keiner erwarten kann, wieder weiterzulaufen. Leute, tut euch nichts weh? Die hetzten alle, ist wie ein Boxenstopp bei der Formel 1. Ich höre es förmlich, wie es aus den Lautsprecher schallt „ und ja da ist er wieder auf der Piste, unser Goldjunge aus Korea, man war er heute wieder schnell. In nur 3.7 Sekunden die Tasche gepackt und raus, Weltrekord.
Was ist nur mit unserem Deutschtürken los? Man man man, so gibt es aber nichts Junge. 29.5 Minuten, da hinkt er den Top Teams weit hinterher“ Sei es, alle sind ab und ich bin der Letzte vom Team Camino.
Nach einer Stunde, bekomme ich eine WhatsApp von Joe. Er wird nur bis Ledigos gehen, das sind 6km und von dort aus seinen Rucksack nach Sahagun weiterschicken. Hatte ich dir das nicht gestern schon gesagt? Hätte ich jetzt sagen können, hab ich aber nicht. Ich brauche noch etwa 30 Minuten bis ich bei ihm bin. Heather und Kiaren sind weitergegangen. Ich hatte gestern schon erwähnt, dass ich nicht weiter als die 22km nach Sahagun möchte aber die beiden wollen heute mehr reißen.
Ich treffe Joe nach 6km in einem Café. Die nötigsten Sachen, hat er schon aus seinen Rucksack gepackt, der Rest wird verschickt. Während ich meinen Café con leche mit azucar genieße, bringt Joe seinen Rucksack in die Albergue, die um die Ecke ist. Dort muss er angeben in welche Stadt und die welche Albergue der Rucksack muss, et voilà. 5€ und du kannst die Etappe ohne Backpack gehen.
Wenn ich mich Recht entsinne ist es heute Montag, es ist so 8:30 Uhr morgens.In dem Café, in welchem ich auf Joe warte ist reichlich was los. Und wie ich finde ist morgens 8:30 Uhr auch die beste Zeit um sich schon Schnaps hinter die Binde zu kippen. Das denken sich wohl auch die Spanier die hier sitzen. Guter Start vor der Arbeit, das Lob ich mir. Als Joe dann zurückkommen trinken wir mit den Spaniern auch einen mit und begeben uns im Anschluss auf den Weg. Noch 18km bis Sahagun, wird ein Spaziergang. Das Joe ein gläubiger Katholik ist hätte ich glaube ich schon erwähnt. Da wir 18km vor uns haben und ich nicht stumpfsinnig gehen möchte, frage ich Joe nach Gott aus. Nicht das er Gott persönlich kennt, nein aber ich würde schon gerne wissen, wie sein Glaube zu Gott so stark sein kann, ohne dass er ihn sieht oder hört. Ich frage ihn, wenn es Gott gibt, warum sterben Kinder elendig? Warum gibt es Kriege? Ich könnte ihn tausende Warumfragen stellen, aber er könnte sie eh nicht beantworten nur so viel“ es gilt der freie Wille“ nicht Gott führt Kriege sondern Menschen. Der Mensch könnte so viel gutes tun mit all dem Geld, stattdessen ist habgierig und will noch mehr Geld, koste es was es wolle. Da ist was dran aber das reicht mir nicht als Antwort. Ich kann es immer noch nicht verstehen, wie man uneingeschränkt so stark Glauben kann. Er erzählt mir eine Gesichte von einem Verwandten. Der hat binnen eines Jahres sechs Menschen aus seiner Familie verloren. Bruder, Sohn, Onkel...... als Joe ihn besuchte um sein Beileid auszusprechen, war dieser nicht voller Zorn auf Gott, nein er sagte“ lasst uns beten“ selbst für Joe im ersten Moment unvorstellbar. Tja, Gott holt die Menschen, die er mag zuerst zu sich.
Ich lass das jetzt mal so stehen.
Plötzlich höre ich jemand meinen Namen ruft , dreh mich um und da ist mein kanadischer Freund Marc. Herzliche Begrüßung und eine dicke Umarmung von ihm. Es ist immer wieder schön auf Marc zu treffen, so viel positive Energie der Typ.
Marc begleitet uns nur bis Sahagun, danach will er weiter, um in 2 Tagen in Leon zu sein. Wir verabreden uns für Leon und das wir dort mal einen bechern. Für die, die den Jakobsweg in SJPDP starten und bis nach Santiago gehen ist hier in Sahagun Halbzeit. In meiner App steht 406km aber überall steht was anderes. In dem deutschsprachigen Reiseführer steht was anders als bei den Amis und bei den Amis was anderes als bei den Engländern, und das im Zeitalter von GPS. Wir checken im Benediktiner Kloster ein. Hier hat Joe telefonisch reserviert und sein Rucksack herschicken lassen. Von außen sieht das Kloster eher aus wie ein Gefängnis. Alles verriegelt und verrammelt. Das keiner reinkommt versteh ich aber so wie das Teil verrammelt ist, kommt auch keiner raus. Mich packt ein mulmiges Gefühl. Man bekommt ja mit, was die Priester und die anderen Glaubensbrüder manchmal hinter verschlossenen Türen so „treiben“. Also heute Abend schön mit dem Rücken zur Wand schlafen und bloß nicht drehen.
Wir bekommen Zimmer Nummer 1. Es soll
das beste Zimmer sein. Zwei große Einzelbetten und ein eigenes Bad für 10€ p.P. Wir stellen die Rucksäcke ab und da wir heute nichts gefrühstückt haben außer Café und Schnaps, gehen wir mal was zu Mittag essen. Direkt um die Ecke ist ein Café Bar Restaurant, dort bestellen wir uns das Pilger Menü. 1. Teller Tortellini Salat, 2. Teller Putenschnitzel mit Pommes und als Nachtisch gab es Kirschen.
Der Koch in diesem Etablissement ist entweder verliebt oder kann einfach nicht kochen. Die zwei Mädels am Nachbartisch haben das am eigenen Leib erfahren. Myrthe aus Holland und Cindy aus Marzahn äh ne aus Lörrach. Die Toast waren komplett verbrannt und nach dem zweiten Mal bekam auch Cindy ihr veganes Essen. Was für ein Laden, der Typ hinter Theke mit 4 Leuten total überfordert. Egal, kein Kopf machen, essen und dann sucht Joe die Post und ich den Supermarkt. Joe sortiert endlich seine Sachen aus und will es nach Santiago schicken. Gute Idee, war ja auch meine. Nur leider öffnet die Post erst morgen früh um 8:30 Uhr wieder. Heißt für mich gehts morgen erst mal ohne Joe los.
Zurück im Kloster geht mein gläubiger Freund zur Messe und ich unter die Dusche. Heute wird nicht mehr viel gemacht. Meine Sachen waschen, bisschen lesen und Blog schreiben. Zum Glück schnarcht Joe nicht. Man muss ja auch mal Glück haben. In diesem Sinne buenas noches amigos.
Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an.
1 Samuel 16.7