Tag 24

23.05.19

 

Triacastela - Leiman 30km

 

6:00 Uhr. Ich muss raus aus dem Bett. Hatte mal wieder eine unruhige Nacht. Der arme Koreaner unter mit im Bett konnte bestimmt auch kaum schlafen, so oft wie ich mich heute Nacht hin und her gewälzt habe. Ein paar mal musste ich meinen Schlafsack suchen, ich hatte es komplett geöffnet und als Decke benutzt. Weil ich mich so oft gedreht habe, fiel es runter, immer auf den Koreaner. Kurz nach mir ist auch Carlyle wach. Seine Geschichte geht mir immer noch nach. So hat eben jeder sein Päckchen zu tragen. 

Im Gemeinschaftsraum steht ein Kaffeeautomat, so gönnen Carlyle und ich uns vor dem Gehen erst noch einen Cappuccino. Für seine 61 Jahre ist er ganz schön flott unterwegs, ok er hat auch längere Beine. Ich lasse ihn dann auch kurze Zeit später ziehen, mir ist das zu schnell und je schneller ich gehe, desto mehr schmerzt mein Bein. Nein es gibt keinen Ruhetag, so kurz vor dem Ziel. 

Ich geh halt einfach gemütlicher mehr so ein schlendern. In Samos treffe ich dann wieder auf Carlyle der eine Frühstückspause eingelegt hat. Ich geselle mich zu ihm und bestelle mir auch was. Nach und nach trudeln auch noch Heather, Skye und Joe ein. Auch der Holländer Chiel, der gestern in einer anderen Herberge geschlafen hat, treffen wir hier wieder. Man kann auf dem Camino zwar rennen aber nicht verstecken. Ganz so viele gemeinsame Frühstücke wird es auch nicht mehr geben. Wir sind ca.130km von Santiago entfernt. Nach Santiago ist für die Meisten Schluss. Da werden sich dann unsere Wege, die sich auf eine ganz besondere Art und Weise gefunden haben, wieder trennen. Verrückte Welt, da willst du einfach alleine sein und den Jakobsweg gehen und es passiert genau das Gegenteil. Du triffst Menschen, die dir so ans Herz wachsen und du dir heimlich wünschst, der Weg wird noch 500km länger. Aber auch wenn wir getrennte Wege gehen, werden sie bei jedem Rübsen an mich denken, denn wie es in Deutschland Brauch ist, habe ich Ihnen Allen beigebracht, nach dem Rülpsen, den Daumen auf die Stirn und Schulz sagen. Wer das als letztes macht, bekommt einen auf den Hintern. Ach ja und „ unfuckingfassbar“ geht jetzt raus in die große Welt. Ich weiß was Ihr denkt und ja ihr habt recht, aber was hätte ich diesen Ausländern beibringen sollen? Gute deutsch Tugenden? Den Amis, den Australiern und Neuseeländern, den Engländern? Im Leben nicht. Bei denen ist Hopfen und Malz verloren. Gut, bei dem Brasilianer wäre noch was gegangen aber ganz ehrlich, nach einem 1:7 gegen Deutschland bei der WM im eigenen Land..... ok lassen wir das. 

Gestärkt gehts weiter Richtung Sarria. Unterwegs treffen wir auf ganz süße Hundewelpen und ich lass trau mich auch mal eines der vielen Hunde in Spanien zu streicheln. Mich würde echt mal interessieren, wie viele Hunde es hier pro Haushalt gibt. Gefühlt in jedem Hof an dem ich vorbeigehe, lebt ein Hund. 

Weiter geht es nach Sarria, ist ja auch nicht mehr so weit. Ich werde aber nicht wie die Anderen in Sarria stehen bleiben und was essen, ich möchte weitergehen bis nach Leiman. Dort haben Kimmi und Kirsten ein Bett für mich reserviert. Joe, Heather und Carlyle wollen heute noch weiter als ich. Mir reicht es bis nach Leiman, sind dann schon wieder 30km trotz Schmerzen im Bein. Wenn ich jetzt weiter gehe, bin ich recht früh da und kann das Bein bis morgen entspannen lassen. Gesagt getan, also ich weiter auf dem Weg und die Anderen bleiben zum Mittagessen. Bis zur Alberge sind es ca. 8km, sollte ich in gut 2 Stunden schaffen. 

Super, jetzt fängt es auch noch an zu regnen. Schnell den Sonnengelben Poncho überziehen, und durch den Regen patschen. Für die Pilger auf dem Jakobsweg hat Sarria eine ganz besondere Relevanz, weil sie die letzte verkehrsgünstig zu erreichende Stadt vor der 100 Kilometer Grenze ist. 100 km ist die Mindestlaufstrecke für Fußpilger, um die Compostela zu bekommen. Am Ausgang der Stadt oben auf dem Berg, befindet sich das eines der Sehenswürdigkeit Sarrias, das Kreuz Cruceiro. Leider finde ich nichts zu dem Kreuz auf Wikipedia und kann euch nichts dazu sagen, außer das es vermutlich sehr alt ist, sehr alt. Warum ich das Kreuz erwähne? Weil darunter ein Mann Sitz, der sich seine Brötchen damit verdient, individuelle Wachsstempel in das Pilgerbuch zu stempeln. Angeblich soll das Wachs von Kerzen aus der Kathedrale in Santiago sein, iss klar. Aber es sieht sehr außergewöhnlich aus, also lass ich mir so ein Teil in mein Buch knallen. Dauert eine halbe Ewigkeit, aber hier auf dem Camino hat man ja alle Zeit der Welt. 

Ich bedanke mich bei ihm gebe ihm sein donativo( spanisch für Spende) und ziehe von dannen. Mittlerweile hat es auch schon wieder aufgehört zu regnen, also Poncho wieder aus. Mein Weg führt mich durch zwei weitere Dörfer bis ich mitten im nirgendwo ein Schild mit dem Namen der Herberge sehe, indem ich heute übernächtigten werde. Von hinten höre ich jemand meinen Namen rufen. Da kommen Joe und Konsorten. Waren die so schnell oder ich so lahm? Ich gebe allen einen Drücker und verabschiede mich. Chiel der Holländern möchte auch hier übernachten und geht gemeinsam mit mir in den Hof der Herberge. Wir kommen in einen wunderschön gestalteten Garten mit einem riesigen Teich und einem modern eingerichteten Herberge. Mit eines der Besten, wie ich finde. Ich werde herzlich von der Herbergsmutter empfangen. Kimmi und Kirsten haben mich ja schon angemeldet. Ich bekomme mein Bett zugewiesen und geh wie immer erst einmal duschen. Unter der Dusche wasche ich auch gleich meine Unterwäsche, Socken und Shirt. Die Sachen haben dann bis abends Zeit zum Trocknen. Draußen liegen die beiden Mädels auf Kimmis Poncho und genießen die Sonne. Ich geselle mich zu ihnen. Einfach nur so liegen und nichts sagen, die Sonne genießen, mehr nicht. Im Teich nebenan quaken die Frösche im Chor und das Wasser plätschert vor sich hin. Hätte nicht erwartet, hier im nirgendwo solche einen schönen Garten zu entdecken. Ich lege mein Bein schön hoch und döse eine ganze Weile so vor mich hin. Später am Abend so gehen 19:00 Uhr gibt es dann Abendessen. Für 12€ und leider muss ich sagen, war es eines der bescheidensten Essen die ich hatte. Der 1. Teller, eine Suppe dazu Zwieback. Die Suppe war nix und in Deutschland isst man Zwieback wenn man krank ist. Der 2. Teller, so eine Art Köttbullar dazu Zwieback. Zum Dessert gab es dann aber einen ganz passablen Schokokuchen. Wenn du halt am Arsch der Welt bist, kannst du nicht wählerisch sein. Nach dem Essen hole ich noch meine Wäsche rein und es wird sich bettfein gemacht. Ich werde heute mal wieder etwas in meinem Blog schreiben, dass habe ich in letzter Zeit schwer vernachlässigt. Am Anfang ging es noch ganz gut aber mit der Zeit, nimmt es überhand. Zumindest weiß ich jetzt, dass online bloggen schwieriger ist als einfach nur ein Tagebuch zu führen. Man lernt eben nie aus meine Freunde. In diesem Sinne, buenas noches amigos.

 

Die Zukunft hängt davon ab, was du heute tust.

Mahatma Gandhi